Jahrestag des Brandes 1917

 

Am Dienstag gedenken die Klietzer des großen Brandes, welcher vor 100 Jahren, am 30. Mai 1917, das Altdorf einäscherte.
Von Ingo Freihorst | Volksstimme 27.05.2017

Auf dem Friedhof in Klietz Am Kirchplatz wurden Blumen an der Gedenktafel für die beim Brand 1917 umgekommenen Klietzer und Helfer niedergelegt. Foto: Lothar Schirmer

Klietz l „Das Dorf Klietz bei Schönhausen ist am Mittwoch nachmittag von einer verheerenden Feuersbrunst heimgesucht worden, denn es sind in kurzer Zeit 47 Gebäude eingeäschert worden.“ Diese Meldung stand am 1. Juni 1917 in der „Havelberger Zeitung“. Weiter heißt es: „Der Brand, welcher sogar über die breite Dorfstraße übergesprungen war, brach gegen 1 Uhr aus und in etwa einer halben Stunde war alles niedergebrannt; die Ablöschungsarbeiten dauerten bis 5 Uhr.“

Eine starke Trockenheit und ein kräftiger Südwestwind ließen das Feuer rasch um sich greifen. Die Löschmannschaften aus der gesamten Umgebung bis hin nach Jerichow – freiwillige Feuerwehren gab es in der Region noch nicht so viele, die Klietzer gründete sich erst 1924 – kämpften bis zum Abend gegen die Flammen. Bei den Löscharbeiten stürzte der Giebel einer Scheune zusammen und begrub die Spritzenbesatzung unter sich. Dies geschah an genau der Stelle, an der sich heute das Heimatmuseum befindet. Der 75-jährige Schmiedemeister Wilhelm Pfundt und der 17 Jahre alte Molkereigehilfe Bernhard Kurz starben auf der Stelle, der Sergeant Fritz Scheewe, welcher in Klietz zur landwirtschaftlichen Hilfe auf Fronturlaub war, erlag Tage später seinen schweren Brandverletzungen. Die drei Toten wurden auf dem Kirchhof beerdigt, am hier noch immer erhaltenen Gemeinschaftsgrab werden am Dienstag die Gestecke abgelegt.

„Niemand hat größere Liebe denn die, dass er sein Leben lässt für seine Freunde.“

Inschrift auf dem Gemeinschaftsgrab in Klietz. Ausgebrochen war der Brand in der mit Stroh gedeckten Scheune von Wilhelm Hartstock. Vermutet wurde erst Funkenflug von der Dampflok der Kleinbahn. In der Havelberger Zeitung stand dazu zu lesen: „…doch neigt man auch der Ansicht zu, dass infolge der bekannten Aufstachelungen vom Auslande einer der von den zahlreichen hier beschäftigten Hilfskräften seine Hand im Spiel gehabt haben könnte.“ Es herrschte schließlich schon drei Jahre Krieg. Auch seien die Leichen zweier Russen aus den Trümmern geborgen worden, weitere Personen würden vermisst, hieß es in der Zeitung.

Ältere Klietzer berichten heutzutage zudem von einer Brandursache, welche wohl auch zutreffen könnte: Demnach hatte der Bewohner in der Scheune einen Insektenschwarm mit Feuer verscheuchen wollen. Offiziell ist später in den Zeitungen von einer genauen Brandursache jedoch nichts mehr zu erfahren.

Landwirt Wilhelm Hartstock, Otto und Wilhelm Strackhaar, Kaufmann Ballieu sowie die Familie des verstorbenen Schmiedemeisters waren unter den insgesamt 18 Gehöften am ärgsten betroffen. Diverse Haustiere und Landwirtschaftsgeräte waren den Flammen ebenfalls zum Opfer gefallen.

Tage später ist in der Zeitung ein weiterer Bericht abgedruckt: „Zur Zeit ähnelt der Ort einem an der Front in der Feuerzone liegendem Dorf. Kahle verbrannte Mauerreste ragen in die Luft, noch geschmückt von halbvertrockneten Pfingstmaien (Birkengrün), vertrocknet und halb verkohlt sind die im Ort stehenden Bäume, wirr hängen von gebrochenen Telephonstangen die Drähte herab, hin und wieder sieht man ein verbranntes Stück Vieh. Das Feuer dürfte den Wohlstand der 600 Bewohner für lange Jahre vernichtet haben.“

Genthins Landrat Kersten von Schenck bat am 4. Juni um Spenden für die Betroffenen: „Nun fehlt es natürlich an allem! So sind z.B. sämtliche Nahrungs- und Futtermittel verbrannt, ebenso fast alles Wirtschaftsgeräte, Wagen, Geschirre, Maschinen usw. Wie sollen diese aber heutzutage neu beschafft werden, wenn sich da nicht die christliche Nächstenliebe in reichlichem Maße betätigt! … Gebeten wird in erster Linie um Heu und Stroh für das Vieh sowie um Ackergeräte jeder Art… Gebeten wird ferner um jedwedes Hausmobiliar und nicht zuletzt auch um Geld.“ Sachspenden seien beim Gemeindevorsteher Bähne abzugeben. „Für die Inempfangnahme von Geldspenden und ihre sachgemäße Verteilung erkläre ich mich dagegen gern bereit“ versicherte der Landrat.

Letztendlich kamen 5081,45 Mark zusammen – sicherlich nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Die Klietzer gedenken am Dienstag, 30. Mai, um 19 Uhr am Gemeinschaftsgrab an der Kirche der drei Brandopfer. Mit dabei sind auch Pfarrer Hartwig Janus aus Sandau sowie ein Feuerwehrmann in historischer Uniform. Caren Pfundt aus Wulkau – Brandopfer Wilhelm Pfundt war der Urgroßvater ihres Mannes – wird aus den Aufzeichnungen des Vaters von Bernhard Kurz vorlesen.